Jüdisch-muslimisches Gespräch am IKG
„Tacheles“ heißt diese Veranstaltungsreihe, welche vom Abrahamischen Forum organisiert wird und Jugendlichen die Möglichkeit bietet, an einem „jüdisch-muslimischen Gespräch“ teilzunehmen. Gerade in Zeiten wachsender Konflikte sei es besonders wichtig, den interreligiösen Dialog zu fördern – so die Überzeugung, die dieser Veranstaltung zugrunde lag.
Das Treffen bildete zugleich den Höhepunkt eines Unterrichtsprojekts in den Fächern Ethik (Herr Pacini) und Religion (Frau Frey), das bereits im September begonnen hatte und in dem sich die Schüler:innen intensiv mit den beiden Religionen sowie mit dem Nahostkonflikt auseinandergesetzt hatten.
Die Fragen ließen nicht lange auf sich warten – manche waren sehr persönlich: „Wurden Sie schon einmal diskriminiert?“ Andere waren eher allgemeiner Natur: „Was verstehen Sie unter Antisemitismus?“. Und nicht selten führten sie zu ganz praktischen Überlegungen: „Was passiert, wenn eine Muslimin einen Juden heiratet und sie gemeinsam Kinder bekommen?“ Herr Dinçkal und Herr Holinstat teilten offen ihre Erfahrungen und persönlichen Ansichten mit den Schüler:innen und machten deutlich, dass sie nicht als „Vertreter“ einer Religionsgemeinschaft auftraten, vielmehr betonten sie, wie wichtig es sei, nicht zu verallgemeinern: Aussagen wie „die Juden sind …“ oder „die Muslime sind …“ seien immer der Ausgangspunkt von Diskriminierung.
Beide berichteten auch davon, wie sie in ihre jeweiligen Religionen „hineingeboren“ seien und im Laufe der Jahre ein persönliches Verhältnis zu ihrem Glauben entwickelt hätten. Sie vertraten die Ansicht, dass es z.B. notwendig sei, den Glauben an die Gegebenheiten der modernen Welt anzupassen. In diesem Sinne beschrieben sie ihr Verhältnis zu den Heiligen Schriften eher als „liberal“. Gleichzeitig betonten beide, dass auch konservative oder orthodoxe Positionen im Rahmen einer Religion ihre Berechtigung hätten. Fundamentalismus und Exklusivismus lehnten sie jedoch entschieden ab. Auf die Frage, wie der Nahostkonflikt zu beenden sei, reagierten beide Gesprächspartner ernüchtert. Es sei in erster Linie kein religiöser Konflikt, sondern ein politischer. Die aktuellen Akteure seien derzeit nicht in der Lage, Frieden zu schließen, und befeuern stattdessen eine endlose Spirale gegenseitigen Hasses. „Erst wenn mutige Menschen bereit sein werden, ihr Leid abzulegen, wird es Frieden im Nahen Osten geben.“ – Mit diesen eindrücklichen Worten endete das Gespräch.
Text und Foto: Giorgio Pacini